Die Osmanische Küche Teil I
Als die türkischen Stämme seinerzeit von Mittelasien in das geschichtsträchtige Anatolien vordrangen, brachten sie nicht nur ihre eigene Kultur von dort mit, sondern bereicherten die ohnehin schon vielfältig vorhandene Kultur in Anatolien mit Erfahrungen und Dingen, die sie während ihrer Völkerwanderung unterwegs gesammelt hatten. Dass dabei die Kochkultur nicht unberücksichtigt blieb, liegt auf der Hand.
Das Leitwort “Speist die Hungrigen, kleidet die Nackten, richtet Zerstörtes wieder auf und vergrößert das Volk” hatten sich die Stämme zur goldenen Regel gemacht, als sie zu ihrer großen Wanderung aufbrachen.
Noch Jahre später, als sich die osmanische Kultur in Anatolien und Rumelien schon längst etabliert hatte, waren die Einflüsse dieser frühen Periode noch zu spüren und dass deren Koch- und Essgewohnheiten eine wichtige Komponente in der osmanischen Kochkunst war, ist eine Tatsache. Es hatte viele Anstöße gegeben, dieses reiche Kulturerbe in der neuen Heimat zu entwickeln und die türkischen Stämme zu einer außerordentlichen Kreativität anzuspornen. Das wichtigste war, dass das Land, in dem sie sich niedergelassen hatten, von drei Seiten mit Meeren umgeben war, dem Schwarzen Meer, dem Mittelmeer und dem Ägäischen Meer. Diese drei Meere mit ihrem großen Fischreichtum und ihren fruchtbaren Klimazonen standen für die Türken bereit. Zwei Meeresengen, der Bosporus und die Dardanellen verbanden Anatolien und Rumelien durch das Marmarabinnenmeer. Sowohl Anatolien als auch das Marmaragebiet zeichneten sich durch große Fruchtbarkeit aus, die es ermöglichten, zu jeder Jahreszeit in irgendeiner Region je nach Klima irgendwelche Obst- Gemüse- oder Getreidesorten anzubauen.
Aus diesem Grund sollte man die osmanische Kochkunst im Hinblick auf die reiche Kulturgeschichte und die durch geographische und klimatische Lage bedingte Vielfalt an landwirtschaftlichen Produkten, sowie ertragreichen Meere und Seen hin untersuchen. Diese günstigen Bedingungen haben die osmanische Küche zu einer der drei vielfältigsten Küchen der Welt gemacht.
Diese Ess- und Kochkultur hat sich natürlich in unserem modernen Zeitalter durch veränderte Lebensbedingungen weitgehend verändert. Die Möglichkeit einer bleibenden, traditionellen Kochkultur wird von von Tag zu Tag geringer, denn heutzutage haben nur noch wenige Menschen das Vergnügen, mit ihrer Familie gemeinsam die Mahlzeiten an einem gedeckten Tisch einzunehmen. Die durch Berufstätigkeit bedingte veränderte Essgewohnheiten haben zur Folge, dass die warmen Mahlzeiten langsam von Imbissen, wie belegten Broten und Fast Food verdrängt werden. Einladungen gibt man lieber im Lokal als zu Hause. Die moderne Medizin empfiehlt neuerdings leichte, vitaminreiche Speisen, anstatt der traditionellen fettigen, reichhaltigen Gerichte und Teigspeisen. Die Menschen haben Probleme mit ihrem Übergewicht und ziehen größtenteils eine Diätküche vor.
Auf diese Weise hat sich eine neue Kochkultur entwickelt, die mit der alten nur noch recht wenig gemein hat. Untersucht man die traditionelle Küche jedoch genauer, so wird man feststellen, dass auch sie viele Rezepte enthält, die den Menschen im Hinblick auf die Gesundheit nicht schaden. Ebenso hielt man sich an einige Regeln und Bestimmungen, die ebenfalls eine vernünftige Ernährung der Menschen im Sinn hatte. Wenn wir schon hier über die osmanische Küche sprechen, so soll gleich zu Anfang ein Leitsatz aus der osmanischen Zeit gestellt werden, der angesichts der reichhaltigen Gerichte, Getränke, Süßigkeiten und Gebäcksorten der damaligen Zeit gar nicht so einfach einzuhalten war:
“Wer wenig isst, wird mächtig, wer viel isst, geht daran zugrunde.”
Also, mit Vorsicht genießen! Ähnliche Ermahnungen finden wir auch auf Schrifttafeln, die von Kalliographen meisterhaft auf Schrifttafeln gepinselt wurden und ihren Platz an den Wänden der Esszimmer fanden:
“Wer wenig isst, kann jeden Tag essen, wer viel isst, isst nur einen Tag.” Und: “Der Mund isst, aber das Gesicht schämt sich.”
Dass zuviel Essen der Gesundheit schadet, wird in folgendem Ausspruch deutlich: “Was hat er nicht alles gegessen dieser Zahn, was nicht alles.”
Quelle: Kulturministerium Türkei