Ess u. Trinkkultur

Allgemeines zur Täglichen Ess- und Trinkkultur zu beginn und während des Aufschwungs des Osmanischen Reichs.

Wenn man bedenkt, dass das Osmanische Reich fast 700 Jahre angedauert hat und seine Grenzen sich ständig verschoben haben, so kann man generell nicht von einer allgemeinen osmanischen Ess- und Trinkkultur sprechen. Der Leser wird sich mit Recht fragen; “Zu welcher Zeit und in welchem örtlichen Bereich des Osmanischen Reiches?” Verallgemeinerungen sind schwierig und falsch, wenn man es mit so einem großen Zeitabschnitt zu tun hat.

Wichtig für jede kulturelle Entwicklung sind die Einflüsse der Zeit und des Ortes. Schon aus diesem Grunde ist es unmöglich, die ersten und letzten Tage des Osmanischen Imperiums gleich zu behandeln. Die Umstände passen sich der Zeit an. Da bildet auch das Osmanische Reich keine Ausnahme. Zwischen der Schlichtheit, die während seiner Gründung in allen Bereichen vorherrschte und der Prunksucht die seine letzten Tage begleitete, liegt eine große Kluft.

Nach der Gründung des Imperiums machte sich langsam ein westlicher Einfluss bemerkbar, der die türkische Kultur etwas zurückdrängte. Das war nicht weiter erstaunlich, denn das Fürstentum, aus dem sich das große Osmanische Reich später entwickeln sollte, hatte eine direkte Grenze zum Byzantinischen Reich, das zu dem Zeitpunkt immerhin auch schon eine 600jährige europäische Vergangenheit aufzuweisen hatte.
Neben der zeitlichen Komponente ist natürlich auch der Faktor des örtlichen Standortes nicht zu unterschätzen. Ost- und Mitteleuropa, der Balkan, Anatolien, Mittelasien und Nordafrika gehörten zu verwalteten Gebieten des Imperiums das an Größe nur mit dem ehemaligen Römischen Imperium zu vergleichen war. Die Menschen die dort lebten hatten ihre eigenen Kulturen, Traditionen, Sitten und Gebräuche, deren Wurzeln oft tief in die Vergangenheit hineinreichten. Die Geschichte beweist uns dass die Osmanen keinerlei Interesse hatten, daran etwas zu ändern und den eroberten Völkern eine neue Kultur überzustülpen. Einzig in der Hauptstadt, dem ehemaligen byzantinischen Konstantinopolus machte sich der Einfluss der Osmanen bis zu einem bestimmten Grade bemerkbar ohne jedoch die Grenzen die die Tradition der dort lebenden Menschen setzten allzusehr zu verletzen, wie wir aus zeitgenössischen historischen Berichten wissen.
Können wir also von einer osmanischen Ess- und Trinkkultur überhaupt sprechen? Man kann; wenn man Istanbul als Zentrum nimmt und die angenommene europäische Pseudokultur außer Acht lässt, die in den letzten Jahren des Imperiums so beliebt war. Die Eroberung Istanbuls war der erste wichtige Meilenstein auf dem Weg zu einem Weltimperium. Wir sehen jedoch nun, dass sich die osmanische Kultur danach wesentlich veränderte. Ohne auf ihre eigene Identität zu verzichten wurde sie durch die vielfältigen vorherrschenden Kulturen der ehemaligen byzantinischen Hauptstadt beeinflusst und verschmolz im Laufe der Zeit zu einer neuen Kultur, die bis zum Untegang des Reiches ihrer Linie treu blieb, obwohl sie von zeitgenössischen westlich orientierten Intellektuellen oft verunglimpft wurde. Bei allen Veränderungen war eine Wandlung der traditionellen Ess- und Tringewohnheiten eine, die am schwersten durchzuführen war. Es nahm eine geraume Zeit in Anspruch, bis dass Erneuerungen akzeptiert wurden.

Auf den folgenden Seiten werden Sie sehen, dass die osmanische Ess- und Trinkkultur sowohl zu Beginn als auch während der Weiterentwicklung des Imperiums einige interessante Punkte aufzuweisen hatte. Während die Gründungsperiode noch von etlichen Widersprüchen begleitet war, pendelte sich dies während der nächsten Jahrhunderte ein und die osmanische Küchenkultur wurde eigenständig und selbstbewusst, offen für Neuerungen, ohne jemals ihre eigenen ethnischen Wurzeln zu vernachlässigen. Wer sich detailliert über diese Entwicklung informieren möchte, dem sei das Handbuch, das die Bank „Sekerbank“ anlässlich des 700. Jahrestages der Imperiumsgründung herausgegeben hat, empfohlen.

Wir möchten noch daruf hinweisen dass in unserer folgenden kurzen Abhandlung nicht nur die Küchenkultur der Bürger und Landbevölkerung behandelt wird. Sprechen wir von osmanischer Kochkultur, so schließt das natürlich alle Bevölkerungsschichten, einschließlich der Aristokraten und Regierungsführer ein.
Besondere Anlässe für bestimmte Festessen wurden bei unserer Darstellung ebenfalls ausgegrenzt und wie schon vorher erwähnt beschränken wir uns auf den Lebensraum Istanbul.

Eine nachvollziehbare Linie in der osmanischen Küchenkultur zeichnet sich mit der Eroberung Istanbuls ab. Die Eroberung der Stadt hatte den Osmanen den Anstoß zu weiteren Feldzügen gegeben und aus dem Fürstentum sollte sich ein Weltimperium entwickeln. Diese neue Staatspolitik kann an vielen Beispielen des nun an den Tag gelegten Verhaltens „Fatih Sultan Mehmets“ nachvollzogen werden. Auch auf dem Gebiet der Küchenkultur war nun eine andere Entwicklung zu beobachten. Während sich die türkischen Heere auf den Weg machten, die Welt zu erobern, öffnete man sich in Istanbul ebenfalls fremden Kulturen, nicht zuletzt bei den Ess- und Trinkgewohnheiten.

Einer der ersten großen Einflüsse war die byzantinische Küche, auch wenn so mancher türkische Historiker in dieser Beziehung anderer Meinung ist. Prof. Dr. Süheyl Ünver schließt diese Möglichkeit vollkommen aus, was etwas unlogisch erscheint, wenn man bedenkt, dass die Türken im 10. Jahrhundert nach Anatolien einwanderten und fast 400 Jahre lang politische und wirtschaftliche Beziehungen zum Byzantinischen Reich unterhielten. Man darf nicht vergessen, dass die Türken in Anatolien eine bereits bestehende Kochtradition vorfanden, als sie hierher kamen und dass auch im Verlauf der nächsten Jahre abgesehen von staatlichen Beziehungen beide Volksgruppen sich auch durch Heirat und Umzüge teilweise vermischten. Ein weiterer Faktor war auch, dass die aus Mittelasien eingewanderten Türken in ihrer neuen Heimat viele Nahrungsmittel vorfanden, die es in ihrer alten Heimat nicht gegeben hatte. Was lag also näher als sich der bereits etablierten Kochkultur der byzantinischen Bevölkerung zu bedienen? Bei einem Vergleich byzantinischer und osmanischer Kochkultur wird man da gewiss auf einige interessante Parallelen stoßen. Eine zeitgenössische Historikerin auf dem Gebiet der byzantinischen Geschichte ist Tamara Talbot Rice, die in ihrem Buch “Das tägliche Leben in Byzanz: Konstantinopolis, die Perle im Byzantinischen Reich” die These aufstellt, dass die Ess- und Trinkgewohnheiten in Byzanz mehr unserer heutigen Auffassung von moderner Ernährung enstsprechen, als den damals üblichen Ess- und Trinkgewohnheiten im Mittelalter. Wir zitieren aus ihrem Buch:
“Es war üblich am Tag drei Mahlzeiten einzunehmen, das Frühstück, das Mitttagessen und das Abendessen. Die Fastenzeit wurde sehr streng eingehalten, jedoch wurden zu normalen Zeiten in den Häusern der Reichen zu jeder Mahlzeit mindestens drei Gerichte zubereitet. Man begann mit den Vorspeisen, denen ein Fischgericht mit Soße folgte, dessen Zubereitungsart noch aus der vorchristlichen Zeit stammte. Als Alternative wurde auch gebratenes Fleisch angeboten. Den Abschluss jeder Mahlzeit bildete eine Süßspeise.”
An einer anderen Stelle gibt die Autorin konkrekte Hinweise auf damals gängige Rezepte:
“ Es wurden so viele verschiedene Speisen aufgetischt, dass jeder nach seinem eigenen Geschmack etwas auswählen konnte.” Danach gibt sie ein Beispiel dafür an. Konstantin der VII. z.B. liebte folgendes besonders: “Konstantin der VII. bevorzugte delikate Soßen. Ferner hatte er eine Schwäche für kleine Oliven, blanchierte Lorbeerblätter und indische Kräuter, besonders wenn sie frisch waren.”

Interessant ist, dass auch der damalige weströmische Imperator ein Anhänger von Soßen war. Auch eine gemeinsame Vorliebe für frische und damit natürlich auch teure Kräuter und Gewürze war eine Gemeinsamkeit, die den gegenseitigen Einfluss der beiden Kulturen beweist.

Das Buch von Tamara Talbot Rice gibt uns auch Aufschluss über die Essgewohnheiten des gemeinen Volkes:
“Eine griechische Hausfrau hatte wie auch heute noch die Auswahl zwischen verschiedenen Wild- und Stalltieren, die sie in der Küche verwenden konnte. Schweinefleisch, vor allem Schweinehaxen waren im Byzantinischen Reich außerordentlich beliebt; Geflügel konnte gebraten oder gekocht werden; Fisch und Enten wurden gern gegessen.”

Schweinefleisch fand in die Speisepläne der Türken natürlich keinen Eingang und auch Enten sind in der traditionellen türkischen Küche eher eine Seltenheit. Die plötzliche Zuwendung zu Fischgerichten in der osmanischen Küche, kann uns jedoch nicht entgehen. Aus historischen Quellen wissen wir, wie sehr diese Vorliebe für Fisch die Kochkultur in den Palästen zur Zeit des „Fatih Sultan Mehmet“ beeinflusst hatte.
Im weiteren Verlauf des Buches zählt die Autorin nun einige damals sehr beliebte Rezepte auf, an deren Spitze die verschiedenen Suppen stehen. Gleichzeitig mit den Suppen werden auch die Eintöpfe genannt, die in der westlichen Kultur als Suppe, in der Türkei jedoch als Gericht gelten.
“Suppen, deren Zubereitung oft sehr mühselig und langwierig war, wurden gern gegessen. Zu Kutteln oder im Tontopf gegarten Eintöpfen reichte man verschiedene Salate.”
Hier ist die Erwähnung des Salates sehr wichtig, denn sie gibt uns einen Hinweis darauf, dass die Byzantiner zu dieser Zeit bereits Salat aßen, der kurz darauf auch Einzug in die osmanische Küche hielt. Es ist nicht verwunderlich, dass das Olivenöl einer der Hauptbestandteile der byzantinischen Küche war. Ebenso logisch erscheint es, dass die Osmanen viele Rezepte für in Olivenöl gekochte Speisen der byzantinischen Küche entlehnt haben.
Eine Vorliebe für Käse hatten sowohl Osmanen als auch Byzantiner. Allerdings war ein Menü, in dem Obst nicht seinen Platz hatte, für die Byzantiner undenkbar.
Die beliebtesten Früchte damals waren Äpfel, Wasser- und Honigmelonen, Feigen, Datteln und Weintrauben. Pistazien kamen mit dem Obst zusammen auf den Tisch. Es liegt nahe anzunehmen, dass die Istanbuler Tischsitte, nach jedem Essen etwas Kaltes in Form von frischen Früchten anzubieten, aus dieser Byzantiner Tradition entstanden ist. Auch andere byzantinische Sitten finden wir in der osmanischen Küchenkultur wieder. Eine davon ist die sorgfältige Präsentation der Gerichte auf einem schön gedeckten Tisch. Diese Art der Speisenverzierung und Tischdekoration war im damaligen mittelalterlichen Europa noch nicht üblich. Tamara Talbot Rice schreibt: “In Byzanz wurde der Tisch mit viel Sorgfalt gedeckt. Zu einer Zeit, als in Europa darauf noch niemand einen Gedanken verschwendete, breitete man in Byzanz kostbare gestickte Tischtücher aus und erwartete, dass die Gäste draußen ihre Schuhe auszogen, bevor sie das Esszimmer betraten.”

Wieweit seinerzeit die byzantinische Küche die türkische beeinflusst hat, ist ein Streitthema. Allerdings müssen selbst Historiker wie Prof. Ünver, die die These verfechten dass die Byzantiner nicht viele Spuren in der osmanischen Küche hinterlassen haben, zugeben, dass Gerichte wie die geschmorten Muscheln die man “Popen-Ragout” nannte, gefüllte Muscheln und das Konservieren von Sardellen auf die byzantinische Küche zurückzuführen ist. Ebenfalls räumt er ein, dass auch Schalenmeerestiere, wie u.a. Krabben, zuvor keine Tradition in der türkischen Küche hatten und man deren Verzehr erst durch die Byzantiner gelernt hatte.
Die meisten Fachleute akzeptieren inzwischen, dass mit der Übersiedlung der Türken von Mittelasien nach Anatolien unter anderem auch ihre Küchenkultur eine große Veränderung erfahren hat, was nur logisch erscheint, wenn man die gegebenen klimatischen und geographischen Gegebenheiten bedenkt. Besonders die anatolische Pflanzenwelt unterscheidet sich recht deutlich von der mittelasiatischen. Aus historischen Quellen ist bekannt, dass sich die Türken in Mittelasien auf einige wenige Nutzpflanzen beschränken mussten. In Anatolien stießen sie natürlich auf eine Vielfalt derselben. Hinzu kam noch der Fischreichtum, der schon allein für eine totale Umwälzung der Essgewohnheiten gereicht hätte. Trotz alledem bringen einige türkische Historiker folgende Meinung zum Ausdruck: “Im 15. Jahrhundert versuchte man eine einheitliche traditionelle Küchenkultur zu schaffen. Bis dahin hatte das türkische Volk bestimmte Essgewohnheiten die es von Mittelasien nach Malagird mitgebracht hatten. Diese Essgewohnheiten verbreiteten sie von dort aus über ganz Anatolien. Wie wir heute sehen, ist die türkische Küche sehr vielfältig, denn wohin die Türken auch gingen nahmen sie aus der entsprechenden regionalen Küche ihrem Geschmack entsprechende Speisen in ihre Esskultur auf, wandelten sie etwas ab und fanden auch einen türkischen Namen dafür. Das soll jedoch nicht heißen, dass die Türken keine Esskultur hatten und sich diese erst auf ihren Eroberungsfeldzügen aneigneten.” Dieses Zitat ist als Versuch, zwischen den zwei Meinungen betreff der Küchenkulturentwicklung der Osmanen einen Mittelweg zu finden, zu verstehen.

Die Einwanderung der Türken nach Anatolien und ihre Islamisierung fällt zeitlich ungefähr zusammen. Schon allein dadurch wurde eine türkisch-islamische Synthese geschaffen. Über bis zu diesem Zeitpunkt übliche türkische Ess- und Tringewohnheiten ist in den vohergegangen Kapiteln schon ausführlich berichtet worden. Informationen über die islamische Komponente finden wir bei damaligen islamischen Philosophen und Medizinern. Nehmen wir zum Beispiel das Werk von Muhiddin Arabi, “Religiöse Maßregeln für Menschen in einem islamischen Staat.” (El Tedbirat-Ül Ilahiyye Islahü Memleket-I Insaniye) In dem Kapitel über Essen und Trinken schreibt er:
“Iss nur so viel wie du nötig hast, ohne satt zu werden. Trinke nicht zuviel Wasser. Esse nicht gierig und schnell. Aber esse so viel wie du brauchst, um nicht sofort wieder hungrig zu werden. Nimm dir deine Portion, indem du den Mittelweg zwischen langsamem und eiligem Essen findest. Während du dein zum Munde geführten Bissen ausführlich kaust, bete im Stillen. Hast du den Bissen gut gekaut kannst du ihn runterschlucken. Danach bedanke dich bei Gott, der dir diesen Moment geschenkt hat, preise ihn und strecke dabei deine Hand nach dem nächsten Bissen aus. Während du kaust sprich wieder im Stillen die Tischgebetsformel. Nach dem Schlucken wiederhole die vorherige Prozedur des Dankes an Gott und seine Lobpreisung und nehme dir den nächsten Bissen. Diesen Ablauf sollst du auch, wenn du allein bist niemals verändern, iss was vor dir steht, bezähme deine Gier und schau nicht, wenn du in Gesellschaft bist, in die Gesichter oder auf die Hände der Anwesenden, denn auf diese Weise entgeht dir wer beim Essen rüchtsichtslos zugreift und wer nicht. Folglich kann dir mit diesem schlechten Verhalten niemand ein Beispiel geben. In diesem Sinn hast du während des Essens deine fromme Pflicht erfüllt und wenn jemand zu dir sagt ‘Du isst wenig’, so schenke demjenigen keine Beachtung, aber merke es dir. Bleibe dir treu und soll man ruhig ‚Du isst wenig’ zu dir sagen.
Wenn es Zeit ist sich zu Tisch zu setzen, setz dich als letzter und stehe auch nicht eher auf bis dass die Tafel aufgehoben worden ist. Bist du irgendwo zum Essen eingeladen, vermeide es deine Bescheidenheit während des Essens zur Schau zu stellen. Esse nicht schon vorher zu Hause, nur damit du dich vor anderen Leuten besser bezähmen kannst und alle sagen ‚Schaut mal, wie wenig er isst‘. Sollte dies trotzdem jemand behaupten, so schenke dem keine Beachtung und iss nach deinem eigenen Ritual weiter, denn solch eine Bemerkung entspricht dem Charakter gewisser Unruhstifter. Halte deine normale Essenszeit und -gewohnheit ein.”
Dieses Kapitel aus Muhiddin Arabis Handbuch nimmt Prof. Ünver zum Anlass, folgende Behauptung aufzustellen: “Die Zitate aus dem Handbuch, die wir im Anschluss an das Kapitel ‘Türkische Gerichte im 15. Jahrhundert’ aufgeführt haben, zeigen uns, dass die türkischen Tisch- und Essgewohnheiten weitgehend von der islamischen Kultur beeinflusst worden sind.” Denn dazu gehören noch heute ein maßvolles Essen ohne ganz satt zu werden, Bissen nicht ganz hinunterzuschlingen, langsam zu essen, Bissen gut zu kauen, auch wenn man allein isst, nur von seinem eigenen Anteil zu essen, beim Essen nicht ins Gesicht oder auf die Hände der Anwesenden zu schauen, den Gastgebern von Herzen dankbar zu sein, so wenig zu essen dass es die Aufmerksamkeit anderer erregt, als letzter mit dem Essen zu beginnen, regelmäßig zu den bestimmten Mahlzeiten zu essen und bei jedem Bissen Gott für seine Großzügigkeit zu danken.
Hier müssen wir jedoch sofort darauf hinweisen, dass zur gleichen Zeit auch in Europa sogenannte “Benimmbücher” erschienen, in der ähnliche Empfehlungen gegeben wurden. Zum Beispiel wurde den Menschen auch hier nahegelegt, nur den ihnen zustehenden Anteil zu essen, nicht gierig zu schlingen und während der Mahlzeit nicht den Anwesenden ins Gesicht oder auf die Hände zu schauen. Daraus ist zu schließen dass diese Regeln einfach der damals gängigen Variante, aus einer gemeinsamen Schüssel zu essen, entsprangen. Denn auf diese Art und Weise wurde geregelt, dass jeder gleich viel von Essen abbekam, indem man sich nur auf die Portion, die vor einem in der Schüssel lag, beschränkte. Um niemanden zu beschämen, sollte man während des Essens auch nicht nach rechts und links schauen. Quintessenz aller Verhaltensmaßregeln war im Endeffekt, das man zuerst an die anderen und danach erst an sich selbst denken sollte. Diese Denkweise können nicht nur die islamischen Türken für sich in Anspruch nehmen. Ohne Zweifel hatte der Islam gewisse Einflüsse auf Anstandsregeln und Sitten, jedoch die Tischregeln entsprangen mehr dem damaligen ‘Zeitgeist’ als religiösen Motiven.

Gehen wir jetzt auf einige Einzelheiten der Ess- und Trinkkultur der nach Anatolien eingewanderten Türken ein, so fällt uns als erstes die ausgesprochene Schlichtheit der Essgewohnheiten in den neu zustandegekommenen Fürstentümern auf. Dieses belegen zumindest Eintragungen in den Büchern der Karawansereien, Stiftungen und Armenküchen, die Prof. Ünver recherchiert hat.
Dabei darf man natürlich nicht vergessen, dass es sich dabei um wohltätige Einrichtungen handelte die das Essen umsonst ausgegeben haben. Es ist anzunehmen, dass die Speisepläne demzufolge nicht sehr üppig ausgefallen sind und wir aus dem Grund keine hundertprozentigen Rückschlüsse auf die damalige Ernährungsweise ziehen können.
Trotz alledem wollen wir hier einige Beispiele geben. Auch wenn in den Aufzeichnungen der Einrichtungen keine detaillierten Beschreibungen der Gerichte vorhanden sind, so können wir uns doch wenigstens an den Namen orientieren. Die ebenfalls angegebenen Mengen der ausgegebenen Portionen sind für uns nicht von Interesse und seien deshalb hier auch nicht aufgeführt. Bei den ausgeteilten Essen in diesen wohltätigen Stiftungen war ein Fleischgericht mit Brot offenbar unbedingt dabei. Manchmal gab es noch eine Suppe dazu. Ein „Pilaw“ aus Reis oder Weizengrütze stand auch häufig auf der Speisekarte. Von Zeit zu Zeit wurde auch eine Süßspeise angeboten.
Dieses variable Menü wurde in vielen Armenküchen und Großküchen zur Zeit der Seldschuken und unabhängigen Fürstentümer angeboten. Prof. Ünver hat auch einige Tagesgerichtlisten gefunden, auf denen Reis- und Weizengrützensuppen, Fleisch, Pilaw, Spinat, roter Rübensaft, verschiedene Arten von Gemüse, Mehl-Helva, Honiggebäck usw. aufgeführt sind.
Hatte man die Zeit der Essensausgabe verpasst, so gab es doch noch die Möglichkeit, jederzeit einen kleinen Imbiss zu bekommen. Dessen Beschaffenheit war vielerorts gleich; es wurden Honig, Walnüsse, Käse und Fladenbrot angeboten.
Nach der Gründung des Osmanischen Reiches zeichnete sich auch die Speisekarte in den Palästen zunächst durch ausgeprochene Schlichtheit aus, wie wir aus zuverlässigen Quellen wissen. Nehmen wir zum Beispiel einen Vorfall, der in dem Buch von Adnan Giz und Ahmet Refik “Das Verhältnis der Türken zu Byzanz” geschildert wird. Im Palast des Herrschers Murat II. wird ein Essen zu Ehren des Botschafters von Milano gegeben, eine gute Gelegenheit also, den Botschafter mit Prunk und Überfluss zu blenden. Man kann sich kaum vorstellen, dass der Padisah und seine Berater nicht daran gedacht haben. Aber werfen wir einen Blick auf die Speisekarte und staunen über das schlichte Angebot:
“…in der Mitte standen ungefähr 200 Schüsseln, in denen sich etwas Lammfleisch und Reis befanden. Diese Schüsseln wurden bereitgestellt, bevor der Padisah den Raum betrat. Nachdem sich der Padisah auf seinem Thron niedergelassen hatte, wurde der Milaneser Botschafter gerufen. Seine Gastgeschenke wurden hinter ihm her getragen. Die Geschenke wurden zunächst neben den Esstellern abgelegt und der Botschafter näherte sich mit erhobenen Händen dem Herrscherthron.
“(…)Vor dem Sultan Murat wurde nun ein Seidenhandtuch und eine Decke ausgebreitet, die auf einem Stück rotem rohen Leder zu liegen kam. Es war anscheinend üblich hier, nicht von einer Tischplatte oder einem Tablett, sondern von einem großen Stück Leder als Unterlage zu essen. Danach wurden zwei vergoldete Teller mit Fleisch aufgetischt. Die Bediensteten verteilten nun die verzinnten Kupferteller, wobei jeweils vier Personen eine Portion bekamen. Auf diesen Tellern war etwas Lammfleisch mit Reis. Ansonsten gab es weder Brot noch etwas zum Trinken. Mein Blick fiel auf ein hohes Regal auf dem im oberen Fach eine kleine und im unteren Fach eine größere Schüssel standen. Manche standen auf und holten sich aus diesen Schüsseln etwas zum Trinken. Ob es Wasser oder Wein war konnte ich nicht erkennen.”
Bevor wir näher auf o.a. Beschreibung eingehen, sollte man folgendem Punkt Beachtung schenken. Was der Zeitgenosse damals als Reis beschrieben hat, war vermutlich kein einfacher in Wasser gekochter Reis, sonder ein „Pilaw“, wahrscheinlich ein einfacher mit Butter gekochter Pilaw, denn nirgendwo ist man auf Quellen gestoßen, dass die Türken jemals den Reis auf chinesische Art, also einfach in Wasser gekocht, gegessen haben. Interessant ist dass der Erzähler darauf hinweist, dass es sich bei dem Fleisch auf den Tellern um Lammfleisch handelt. Lammfleisch ist ein typisches Merkmal der türkisch-osmanischen Küche und hat seine Position in der türkischen Küche bis vor 50 Jahren gehalten. Selbst zum Zeitpunkt der Republiksgründung gab es kaum Rind- oder Kalbfleisch, was auch nicht dem türkischen Geschmack entsprach. Das hat sich erst in den letzten Jahren geändert, obwohl man trotz Rindfleischangebot immer noch dem Lammfleisch den Vorzug gibt.
Dass es bei oben beschriebenem offiziellem Essen nur einen Gang gibt, ist tatsächlich ein Zeichen beispielloser Schlichtheit. Dass es zu dem Fleisch nur Reis und noch nicht einmal Gemüse gibt, betont noch die Einfachheit dieser Einladung.

Ob dem zeitgenössischen Augenzeugen nun sein Gedächtnis einen Streich gespielt hat, oder ob es tatsächlich keine einzige Vorspeise und keinen Nachtisch gegeben hat, wissen wir nicht. Dass man keine Tischplatte, sondern ein Stück rohes Leder als Unterlage für die Speisen verwendete hatte, war in der türkisch-osmanischen Küche Tradition. Gleichzeitig wird vermerkt, dass nur dem Sultan ein seidenes Handtuch und eine Decke, die als Serviette benutzt werden konnte, vorgelegt wurde. Anderen Gästen wurde dieser Service also nicht zuteil. Auch dass kein Brot angeboten wurde ist außergewöhnlich, denn das Brot ist in der türkischen Esskultur einer der wichtigsten Bestandteile. Dass es nichts zu trinken gab war jedoch verhältnismäßig normal, denn bei solchen Einladungen
wurden einschließlich Wasser keine Getränke angeboten. Dass allerdings in einer separaten Ecke des Raumes ein Behälter mit einem Getränk, vermutlich Wasser und kein Wein, stand, aus dem sich jeder selbst bedienen konnte, ist ebenfalls eine ungewöhnliche Tischsitte für die damalige Zeit.
Dass nur der Herrscher und sein eventueller Gast ein eigenes Gedeck bekamen und alle anderen zu viert von einem Teller essen mussten, ist nichts typisches für die osmanischen Tischsitten, denn in ganz Europa herrschten zu jener Zeit gleiche Bräuche. Manchmal mussten sich zwei Personen ein Gedeck teilen, jedoch in der Regel waren es vier. Man teilte sich aus der Schüssel oder von dem Teller, der in der Mitte stand mit Hilfe eines Löffels oder Messers etwas von seinem Anteil ab der vor einem lag und legte die Stücke auf ein Stück Brot. Von hier wurden die Bissen mit der Hand in den Mund gesteckt. Dieses Brot, was also eine Art Tellerfunktion hatte, wurde in Europa nicht mitgegessen sondern für das Dienstpersonal liegengelassen oder den Hunden, die an einer Ecke des Tisches warteten, zugeworfen.
Diesem relativ schlichten Mahl am Hof Murats II. wurde allerdings ein phantastisches Musikerlebnis entgegengesetzt. Unser Augenzeuge schildert es mit folgenden Worten: “Neben der Anrichte hatte sich eine Musikgruppe aufgebaut. Sobald der Padisah aus seinen Gemächern trat, begannen sie Lieder zu singen, die die Heldentaten der vorherigen Herrscher zum Thema hatten. Obwohl die Lieder mehr geschrien als gesungen waren, schienen sie doch den meisten der Anwesenden gut zu gefallen. Mir kam das zunächst seltsam vor. Aber als ich den Saal betrat bemerkte ich, dass die Musikgruppe große Saiteninstrumente in den Händen hielten auf denen sie nun zu spielen begannen bis dass man sich zum Essen niederließ.”
Tischmusik war natürlich etwas was nur den Aristokraten vorbehalten war. Während man in Europa die Musik allerdings als Unterhaltung betrachtete, die vor dem Essen begann und während des Essens ihren Höhepunkt nahm, entnehmen wir einem Zitat unseres Augenzeugen, das dies im Osmanischen Reich nicht der Fall war. “… auf denen sie zu spielen begannen, bis dass man sich zum Essen niederließ.” Hieraus verstehen wir, dass die Musik während des Essens zu schweigen hatte, denn das Essen war eine ernste Angelegenheit kein Vergnügen sondern eine heilige Pflicht. Auf dieses Thema werden wir in dem Absatz über Süleyman dem Prächtigen noch näher eingehen.

Aus der Regierungsperiode von Fatih dem Eroberer liegen uns betreff der Küchenkultur weniger Berichte vor als Listen, die uns Auskunft darüber geben, was für Speisen und in welchem Ausmaß sie in den Palästen verzehrt wurden. Zu jener Zeit war es üblich, dass der oberste Buchhalter all diese Zahlen sorgfältig in Büchern aufzeichnete. Hier haben wir ein Beispiel aus dem 8. Monat des Jahres 878 der islamischen Zeitrechnung (nach christlicher Zeitrechnung 1473), das uns alle während dieses Zeitabschnitts vom Palast gekauften Waren auflistet.
Prof. Ünver vermittelt uns die Registration der Lieferungen folgendermaßen:
3600 kg Honig, 544 Hühner, 28 Maße Reis, 61 Gänse, 24 kg Safran, 116 Muscheln, 87 Krabben, 400 Fische, 56 Gramm Moschus, 12,8 kg Paprikapulver, 14 Kg Olivenöl, 30 Liter Mergel, 104 kg rumänisches Salz, 17 kg Stärkemehl, 51 Flaschen „Boza“ (vergorenes süßes Getränk aus gekochter Hirse), 616 Stücke Schafskopf- und Klauen. 180 Mägen, 649 Eier………

Untersuchen wir die aufgeführten Posten der Liste der Reihe nach und vergleichen wir sie mit unserer heutiger Auffassung von Ernährung. Dass damals anstelle von Zucker Honig benutzt wurde, ist bekannt, wohingegen der große Verbrauch an Hühnern vielleicht interessant vorkommen mag. Reis war einer der Grundpfeiler der osmanischen Küche, wurden doch die meisten „Pilaws“ damit gekocht. Safran war ein Privileg der Reichen. Heute hat dieses Gewürz viel von seiner Bedeutung eingebüßt und wird nur noch ausnahmsweise in der Küche verwendet. Die Anzahl der gelieferten Fische, Muscheln und Krabben jedoch ist für diese Zeit erstaunlich hoch. Moschus wird als Gewürz heutzutage überhaupt nicht mehr benutzt, wohingegen die Beliebtheit des roten Paprika bis in die heutige Zeit nicht nachgelassen hat. Dass Olivenöl in den Palast geordert wurde, zeigt, dass die Osmanen langsam von ihrer traditionellen Butter zu dem Pflanzenöl vom Mittelmeer übergingen. Mergel, ein Gemisch aus Ton, Kalk und Erde wurde damals zur Herstellung und Verarbeitung bestimmter Speisen benötigt, heute kennt man kaum diesen Namen noch. Die Bezugsquelle des Salzes ist interessant, wohingegen Stärkemehl ein regionales Nahrungsmittel war. Überraschen mag uns vielleicht die hohe Anzahl an Tierköpfen und Klauen, die wohl zu der Zeit sehr beliebt gewesen sein müssen. Das gleiche gilt auch für Eier.
Da wir hier nur die Aufzeichnungen eines Monats vor uns haben, liegt auf der Hand, dass sie nicht alle Lebensmittel enthalten, die normalerweise auf dem Speiseplan standen. Einige waren vielleicht schon einen Monat vorher eingkauft worden und erschienen deshalb nicht auf der Liste; z.B. Butter. Manche Mengenangaben erscheinen uns recht hoch. Dabei sollte man jedoch nicht vergessen, dass es sich hier um eine Monatsbestellung für einen Palast handelte und wieviel Menschen hier ernährt werden mussten. Ziehen wir das mit in Betracht, so müssen wir zugeben, dass auch zu Zeiten Fatih des Eroberers keine Verschwendungssucht am Hofe herrschte.
An dieser Stelle möchten wir auch nochmal auf die Anzahl der Mahlzeiten hinweisen, die sich pro Tag auf zwei beliefen. Daran hatte sich seit der Eroberung Istanbuls bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts nichts geändert. Natürlich war die Mahlzeit am späten Vormittag himmelweit von unserem heutigen Frühstück oder Mittagessen entfernt. Da die Menschen sich damit bis zum Abend begnügen mussten, war es wichtig, dass sie sättigende Speisen zu sich nahmen. Der Tag war lang, vor allem wenn man wusste, dass das Abendmahl erst nach dem Abendgebet, also nach Sonnenuntergang eingenommen wurde.

Wichtiger Bestandteil des Morgengerichts war unbedingt eine Suppe. Dass man tagsüber auch ein paar Kleinigkeiten zu sich nahm, war natürlich nicht ausgeschlossen. Nach Prof. Ünver ist die Sitte, Gästen zwischen den Mahlzeiten einen Fruchtsaft anzubieten, ein Überbleibsel aus dieser Zeit. Außerdem ist überliefert, dass zu den Mahlzeiten unpünktlichen Gästen der Armenküchen außer der Reihe Käse und Honig vorgesetzt wurde.
Bei dem Thema Armenküchen wollen wir auch nicht vergessen auf andere Einrichtungen der damaligen Zeit zu verweisen, die die gleiche Funktion hatten. Dazu gehören z. B. die Lehrkomplexe, die außer einem Gästehaus auch meistens eine Volksküche unterhielten. So sind zum Beispiel einige Rezepte der Gerichte, die in der Volksküche der Fatih-Lehranstalt angeboten wurden, überliefert. Es gab zum Beispiel Reissuppe mit Petersilie, Eintopf mit Weizengrütze, Lammragout, Zuccinis mit unreifen sauren Trauben gekocht, Mangold, Pilaw und eine mit Safran zubereitete Süßspeise. Joghurt fehlte nie auf der Speisenliste. Ferner geht aus der Zutatenliste hervor, dass Kümmel wohl das beliebteste Gewürz der damaligen Zeit war. Zwiebeln und Kichererbsen waren ebenfalls wichtige Bestandteile der verschiedensten Gerichte. Ein klassisches Menü war zum Beispiel Pilaw, Ragout und Brot. Besonderen Gästen wurde auch ein mit Safran zubereiteter Nachtisch angeboten, oder zum Essen eine Schüssel mit saurem eingelegten Gemüse „Tursu“, zum Hauptgang gereicht. Auch eine stärkende Brühe, gekocht aus Tierköpfen und Klauen, war nur besonderen Gästen vorbehalten, genauso wie auch eine besondere Kürbiskonfitüre mit Zimt und Nelken.

Was speziell die Sultane gerne mochten ist nicht sehr detailliert bekannt. Immerhin liefern uns die Eintragungen in das Küchenbuch des Palastes darüber einigen Aufschluss. Prof. Ünver hat einige Speisen aufgrund dieser Eintragungen zusammengestellt: Gebratene Hähnchen, Brei, mit Käse oder Spinat gefüllte Fladen, Eier, mit Fleisch gefüllte Teigtäschchen „Manti“, mit Reis gekochtes Gemüse „Borani“ und Joghurt, Suppen, Pasteten „Börek“, Honig, Pudding, Safran-Süßspeisen „Zerde“, Sahne, süße Blätterteigkuchen „Baklava“, süßer Grießbrei „Helva“ und süße Fadennudeln „Kadayif“. An Getränken schienen Traubensirup „Pekmez“, ein süßes Getränk aus vergorener Hirse „Boza“, Grenadinensirup, Fruchtsaft und hier vor allem Traubensaft mit Pfefferminze sowie ein Joghurt-Wasser-Getränk „Ayran“ sehr beliebt gewesen zu sein. An getrockneten und frischen Früchten wurden Birnen, Granatäpfel und Mandeln bevorzugt. Anders war es, wenn die Herrscher sich auf Feldzüge begaben und sich dann mit der regionalen Küche der eroberten Orte begnügen mussten. So geht aus historischen Quellen hervor, dass Fatih der Eroberer während seines Feldzuges im islamischen Kalenderjahr 878 (christlicher Kalender 1473) eine Woche in Afyonkarahisar verbringen musste. Unter den nur ihm vorbehaltenen Gerichten befand sich eine saure Suppe aus unreifen Weintrauben, Gemüse, Salat, Tierköpfe und –klauen, eine Suppe aus getrocknetem Weizenbrei mit Joghurt „Tarhana“, Pasteten und Brot. An Früchten wurden ihm wilde Aprikosen, frische Pflaumen, Birnen, Weintrauben und Äpfel angeboten.
Kehren wir zum Palast zurück. Außer dem Padisah und seiner Familie wurde hier natürlich auch das Dienstpersonal verköstigt. Der Speiseplan war jedoch nicht sehr abwechslungsreich. In der Regel gab es nur ein Gericht was jedoch nahrhaft und sättigend war. Es gab zum Beispiel Kohlsuppe, Mangold mit Joghurt, Brühe mit Einlage aus Tierköpfen und – klauen gekocht, viereckige Ravioli mit Joghurt, Brei mit Ei, Joghurt mit Traubensirup und süße Blätterteigkuchen. Dazu konnte man Ayran oder Fruchtsaft trinken.

Die Periode des Sultans Süleyman dem Prächtigen ist als die bekannt, zu der das Osmanische Reich seinen Höhepunkt erreicht und seine Grenzen bis zum Äußersten ausgeweitet hatte. Auch an Reichtum und Wohlstand war das Osmanische Reich nicht mehr zu übertreffen, es hatte sich tatsächlich zu einem regelrechten Weltimperium entwickelt.
Sehr genaue Angaben zur damaligen Küchenkultur können wir dem Bericht eines spanischen Kriegsgefangenen entnehmen. Obwohl diese Angaben aus der Sicht eines Fremden gemacht wurden, können wir nicht behaupten dass sie mit Vorurteilen behaftet seien. Ganz im Gegenteil, der Autor stellt einen Vergleich zwischen Europäern und Türken an und nimmt dies zum Anlass, die damaligen Widersprüche der europäischen Mode zu kritisieren und anzuprangern. Hinzu kommt noch, dass dieser spanische Kriegsgefangene ein Arzt war, der sich auf diese und jene Art den Türken nützlich gemacht hatte und bei ihnen hohes Ansehen genossen haben musste. Auf alle Fälle hat diese Person dessen Namen wir nicht kennen lange genug in Istanbul gelebt, um die Türken aus der Nähe kennen zu lernen.
Dieser anonyme Gefangene wurde einige Zeit am Hausbau des Marineministers Sinan Pascha beschäftigt. Die Arbeiter wurden auch auf der Baustelle verköstigt. In seinen Erinnerungen schreibt der Autor: “Unser Essen wurde in riesengroßen Kesseln gekocht und bestand überwiegend aus dicken Bohnen oder Linsen. Allerdings hatte man nicht das Glück bei jedem Eintauchen des Löffels eine Bohne oder Linse zu erwischen.” Wit entnehmen diesem Text, dass dicke Bohnen und Linsen auf Grund ihres hohen Sättigungsgrades und ihrer Nahrhaftigkeit gerne den Armen verabreicht wurden. Dass die Qualität etwas zu wünschen übrig ließ, geht aus der Bemerkung hervor, dass die Bohnen und Linsen wohl eher spärlich in dem Gericht vorhanden waren.
Auf der anderen Seite erfahren wir, dass die Türken damals im Gegensatz zu den Europäern viel Wert auf gutes schmackhaftes Trinkwasser legten, was aus folgendem Zitat hervorgeht: “Gott sei Dank war das Trinkwasser frisch und schmackhaft.” Im weiteren Text berichtet er, dass das Wasser aus einem Brunnen, den Ibrahim Pascha errichtet hatte, stammte.
Der spanische Gefangene, der sich im Buch Pedro nennt, gewann langsam das Vertrauen der Türken als Arzt und wurde eines Tages als Leibeigener des Sinan Pascha zu eben diesem gerufen, als dieser erkrankt war. Über diesen Besuch im Palast des Paschas berichtet er folgendes: “Um den anwesenden altmodischen und im Mittelalter ausgebildeten Ärzten einige meiner Anweisungen verständlich machen zu können, ließ ich die zwei Personen die neben dem Pascha warteten aus einem mitgebrachten Buch etwas vorlesen. Eine dieser Personen war der Leibkoch des Paschas, ein sympathischer, studierter, Lateinisch beherrschender Deutscher, der andere ein theologischer Wissenschaftler aus Venedig, der zum islamischen Glauben übergetreten war.” Staunend erfahren wir hier, dass Sinan Pascha einen Koch beschäftigte, der außer seiner Muttersprache Deutsch auch noch die Sprache der Gebildeten und Wissenschaftler sprach, nämlich Latein.

In einem anderen Abschnitt erfahren wir etwas über Diätvorstellungen dieser Zeit.

Sinan Pascha erkrankte abermals. Da der Zimmerdiener des Paschas nichts von Krankenpflege verstand, wurde ihm eine andere Arbeit zugeteilt und Pedro an seine Stelle verwiesen. Dieser begab sich jeden Morgen in die Küche, um das Essen für den Pascha zu bestellen und Anweisungen für die Kochmethode und Servierzeit zu geben. Mit dem servierten Essen wurde der Pascha von Pedros Hand gefüttert, was übrig blieb, aß er selbst.
Dass Pedro die Reste aß, zeigt uns, dass die Gerichte, obwohl zu Diätzwecken gekocht, wohl doch schmackhaft gewesen sein müssen. Mehr noch, es musste dem Pascha und auch Pedro schmecken. Lesen wir, wie diese Geschmackssynthese zustandegekommen war: “Eines Tages kam ich in die Küche und sah, wie die Leibärzte des Paschas dem Koch die Anweisung gaben, ein halbes Huhn in einer halben Schüssel Wasser zu kochen, um die Speise nach dem Kochen zu salzen. Ich rief sofort, ‘Ihr Hurensöhne, ihr niederträchtigen Kerle,’ und beschimpfte sie mit allen Ausdrücken, die mir einfielen. Dann stellte ich vier Töpfe auf den Herd; in den ersten legte ich zwei Hühner mit Kichererbsen, in einen anderen Petersilie und Sellerie, in den dritten Zwiebeln und Linsen und in den vierten alles mögliche Gemüse. Ich gab die Anweisung, dass dem Gericht im ersten Topf keinerlei Salz hinzugefügt werden solle. Als Beilage zu den anderen gekochten Gemüsen ließ ich noch extra zwei Hühner braten.”
Der nächste Abschnitt führt uns den Unterschied zwischen Volksküche und Palastküche vor Augen, was Menge und Qualität angeht und wie der Pascha dazu steht.
Pedro fährt in seinem Bericht fort: “ Die jüdischen Ärzte die das sahen riefen: ‘Wer soll denn soviel essen?’ Ich erwiderte: ‘Man sieht, dass ihr in eurem Leben noch nie für einen der Großen gesorgt habt. Ihr werdet sehen, was jetzt passiert, daraus eine Lehre ziehen und es später genauso wie ich machen. Denkt ihr, ihr könnt einen Pascha behandeln wie Euresgleichen? Ihr fragt, was mit den Resten von den Hühnern passiert. Die bleiben übrig für die Dienstboten, das wird passieren.’ Nach diesem Vorfall bin ich im Ansehen des Paschas erheblich gestiegen.”
In einem anderen Kapitel berichtet der Autor über eine Schiffsreise, die ihn von Tasos nach Limni führte, zwei Orte die innerhalb der Grenzen Griechenlands lagen. Pedro befindet sich auf der Flucht und erzählt folgendes:
“Aus Angst dass das Schiff ablegen könnte ohne uns Bescheid zu sagen, wagten wir nicht uns vom Ufer zu entfernen. Unsere Patrone waren ins Dorf gegangen, um zu essen, zu trinken und sich etwas zu amüsieren, als sie sahen, dass sich das Wetter nicht bessern würde um abzulegen. Kurze Zeit später folgten wir ihnen, in der Hoffnung, auch etwas zum Essen zu finden. Im Dorf fand gerade eine Hochzeit statt. Wir sagten den Gästen, dass wir auf der Suche nach etwas Brot seien. Diese hatten Mitleid mit uns und boten uns Essen an dass aber leider etwas kärglich war da wir wohl einen Fastentag erwischt hatten. Es gab nur in Wasser gekochte dicke Bohnen und Rosinen.”
Dieses Mahl war sicherlich nicht sehr sättigend, aber es wurde auch Alkohol angeboten.
Der Erzähler fährt fort: “Als man sah, dass unsere Hände beim Abbrechen des Brotes zitterten, wurde uns etwas Feuer in Form von einem Glas Raki gebracht. Sogleich wurde mir innerlich warm und ich erholte mich etwas.“
Mata fragt: „Kann man zwischen den Gerichten Raki trinken?“ Pedro antwortet sofort: „Es ist üblich, dass die Türken mit den Rumeliern bei ihren Plauderstunden vor dem Essen gern ein zwei Gläschen zu sich nehmen.“ Juan fragt daraufhin: „Brennt ihnen denn der Mund nicht?“ Pedro antwortet: „Nein, sie sind daran gewöhnt.“ Mata fragt: „Trinken die Rumelier denn viel?“ Pedro erwidert darauf: „Soviel wie die Deutschen, vielleicht sogar noch mehr, mit einem Unterschied; die Deutschen trinken manchmal und dann ein ganzes Glas; die Rumelier hingegen essen etwas und nehmen nach jedem Bissen einen kleinen Schluck aus ihrem Trinkglas.” Eine bessere Beschreibung einer typischen Rakitafel mit ihren vielen kleinen Gerichten kann man wohl kaum geben.
Der spanische Gefangene beantwortet die Frage nach den üblichen Speisen mit der Bemerkung, das sie sehr vielfältig seien. Sehr neugierig ist man auf die Art und Weise, wie der osmanische Herrscher, der Grand Seigneur, in seinem Palast isst und trinkt. Pedro kennt die Gepflogenheiten im Palast des Sultans nicht, aber er kann Beispiele aus dem Palastleben des Marineministers Sinan Pascha geben, der ja immerhin auch mal ein Prinzentum verwaltet hatte.
“Ich will euch erzählen, wie Sinan Pascha gegessen hat. Dann versteht ihr, was die gehobene Gesellschaft für Gepflogenheiten hat. Aus einem anderen Beispiel könnt ihr ersehen, wie die Mittelschicht gegessen und getrunken hat. Wenn ihr der Ess- und Trinkkultur Sinan Paschas noch etwas Luxus und Prunk hinzufügt, dann könnt ihr euch ungefähr vorstellen wie es am Hofe des Sultans zugegangen sein muss.”
Nach diesen Worten beginnt Pedro nicht sofort mit der Schilderung der Speisen, sondern führt zunächst in einigen Sätzen die Tischsitten vor. “Genauso wie man gern auf dem Boden sitzt wird auch das Essen auf dem Boden eingenommen. Damit die Teppiche nicht beschmutzt werden, breitet man zuerst eine Unterlage aus Pferdeleder aus. Darüber wird ein großes Tuch gelegt dessen Ränder man sich wie eine Serviette über die Knie legt. So ähnlich wie in der Kirche, wenn man zur Kommunion geht. Die auf der Erde liegende Lederunterlage nennen sie ‘Sofra’. In diesem Land werdet ihr sogar auf dem Tisch eines großen Herren kein Obst, Messer, Salzfass oder einen Teller finden.”

Das Fehlen der Früchte scheint auf großes Unverständnis zu stoßen, denn es wird gefragt: “Essen sie kein Obst?” Pedro antwortet: “Doch, sogar sehr viel, aber nicht beim Essen.”
Für die westliche Welt mag es ein interessanter Tatbestand sein, dass man kein Messer benutzte, obwohl das Fleisch in der Regel in großen Stücken auf den Tisch kam. Die Neugier in der Frage danach wurde von unserem spanischen Gefangenen folgendermaßen gestillt: “Sie haben eine Art Fladenbrot, was sie „Pide“ nennen. Diese Fladen werden in drei Teile geteilt und auf den Tisch gelegt. Die Brotstücke erfüllen die Funktion von Tellern. Jeder nimmt sich mit den Händen ein Stück Fleisch und legt es vor sich auf sein Brot.” Diese Sitte zu essen war im Mittelalter nicht nur den Türken eigen. Auch in europäischen aristokratischen Haushalten pflegte man die Sitte, sein Essen auf ein vor sich liegendes Stück Brot zu legen und von dort kleinere Bissen zu nehmen.
Die Erklärung des Autors, warum sich auf dem Tisch kein Salz befände, ist ein Kompliment für die osmanische Küche. “Salz ist nicht nötig, die Köche sind so meisterhaft dass sie den Speisen einen perfekten Geschmack geben.”

Die Bediensteten am Tisch mussten in ihrer Vornehmheit und Schlichtheit Pedro wohl am meisten beeindruckt haben, denn er widmet ihnen einen langen Abschnitt:” Im Haushalt des Sinan Pascha gab es ungefähr 40 Dienstboten, die nur bei Tisch bedienten. An ihrer Spitze stand der Meisterkoch, den wir Maitre d’Hotel nennen. Ihr Lohn war eineinhalb Riyal pro Tag. Ihre einizge Aufgabe war es, Essen aufzutragen und bei Tisch zu bedienen. Zu diesem Zweck waren sie alle besonders gekleidet. Der Pascha gab ihnen pro Jahr zwei Kupons Stoff. Einen aus Seide, einen aus einem anderen dünnen Gewebe. Auf dem Kopf trugen sie hohe Filzmützen der Janitscharen mit einem Unterschied dass sie rot waren.” In dem nächsten Abschnitten wird uns erklärt, dass diese Dienstboten ab und zu auch mit dem Pascha gemeinsam ausgingen, wobei sie ihre Kleidung etwas veränderten. Sie legten sich zum Beispiel anstelle einer Leibbinde einen Gürtel um die Taille, der aus Silberfäden gewirkt war und den Eindruck eines Panzers erweckte.
Das Tischgeschirr war in seiner Schlichtheit für die Spanier ein Quell großen Erstaunens. Auf die Frage “Waren die Schüsseln aus Silber?” antwortete Pedro: “Vor allem solltet ihr wissen, dass die islamischen Gesetze Essen und Trinken aus silbernen Schüsseln sowie den Gebrauch von silbernen Salzfässchen und Löffeln nicht gutheißt.” Mit einem Hinweis auf den Sultan Süleyman den Prächtigen fährt er fort:” Selbst den größten Türken, Prinzen, Erwachsenen und Kindern gibt die Scharia kein Recht dazu.”
Dass ein mächtiger Herrscher nicht über Silbergeschirr vefügen sollte stieß bei den Zuhörern auf Unglauben und man fragte erneut, ob der Sultan denn nun wirklich kein kostbares Geschirr in seinem Palast habe. Die Antwort darauf war eindeutig: ”Doch, er ist schon im Besitz solcher Kostbarkeiten, jedoch hat er sie nicht selbst anfertigen lassen. Sie sind aus Venedig, Frankreich, Ungarn und Kroatien als Gastgeschenke gekommen. Sie werden in der Schatzkammer aufbewahrt und nicht benutzt. Auch Sinan Pascha war im Besitz solcher Gastgeschenke, die er von hier und dort bekommen hatte, aber auch er benutzte kein Tafelgeschirr aus Silber.”
Ferner erklärte unser spanischer Gefangene, dass die Türken damals in Anlehnung an die Scharia behaupteten, dass wer im Diesseits von silbernen Tellern äße, im Jenseits kein Recht dazu haben würde.

Aber aus welchem Material war dann das Essgeschirr? Woraus bestanden die Schüsseln? “Aus Kupfer”, gab Pedro Auskunft, “die Türken konnten das Kupfer besser und schöner verarbeiten als die Engländer. So wie wir unsere feinen Holzarbeiten auf der Drehbank zustandebringen, so fertigten die Türken Zierrat aus Kupfer an. Hatten die Gefäße ihre endgültige Form, wurden sie verzinnt und poliert, bis das sie glänzten wie Silber. Nutzte sich das Essgeschirr ab, wurde es wieder neu verzinnt und sah wieder aus wie neu. Hinzu kam noch, dass diese Prozedur außerordentlich preiswert war.”
Natürlich möchten die Spanier auch etwas über die Trinkggefäße wissen und erfahren dass der Große Senor aus Porzellanbechern trank. Grund für Ihre Verwunderung war dafür der damalige Irrglauben, dass Porzellan zerspringen würde, wenn es mit Gift in Berührung kam. Aber auch henkellose verzinnte Kupferschalen wurden gern benutzt. Viele fassten sogar bis zu einem Liter. Wem Porzellanbecher zu teuer waren griff auf die Kupferschalen zurück, aber auch bei der betuchten Oberschicht waren Kupferschalen und –becher teilweise beliebter als Porzellan.
Obwohl Glas bekannt war, wurde es doch nicht in den täglichen Gebrauch aufgenommen. Den Grund dafür erklärt Pedro so: ”Es gab durchaus sehr schöne dünne venezianische Gläser. Aber wie auch andere Dinge wurden sie von den Osmanen nicht benutzt, weil sie uns Europäern nicht ähnlich sein wollten. Außerdem, warum sollten sie auch Gläser benutzen, wo sie doch keinen Wein tranken? Glas war für sie höchstens als Behälter für ihre Konfitüren interessant.”
Wenden wir uns dem Thema des Bedienens bei Tisch zu. Pedro teilt uns folgende Beobachtungen mit: ”Die Tischbediensteten gingen zu Beginn der Mahlzeit in zwei Reihen in Richtung Küche. In den Händen hielten sie Schüsseln, die mit einem Deckel verschlossen waren. Die Schüsseln wurden in der Küche gefüllt und die Dienstboten kamen in der gleichen Anordnung wieder heraus. Der Oberküchenmeister stellte als erster seine Schüssel auf dem gedeckten Tisch ab, nahm dann dem nächststehenden Dienstboten dessen Schüsel aus der Hand und platzierte auch diese auf dem Tisch. Nun wurden von hinten an alle Schüsseln nach vorn zum Oberküchenmeister durchgereicht, die dieser eigenhändig auf dem Tisch absetzte. Die nicht mehr gebrauchten Schüsseln wurden auf die gleiche Art und Weise wieder abgetragen.”

Und wer durfte an einem solchen Mahl teilnehmen? Die Antwort steht etwas im Widerspruch zu unserer heutigen Auffassung von Etikette und sozialer Rangfolge.
Auch damals stieß sie bei den Spaniern auf Erstaunen und unserer Erzähler erzählt, sich deren Verwunderung bewusst, mit wahrer Begeisterung über die Tischgesellschaften des Marineministers und zeitweilgen Verwalters eines Prinzentums, Sinan Pascha: “Jeder konnte mit dem Pascha zu Tisch gehen, mit Ausnahme seiner Sklaven. Unter den Sklaven waren einige hochgestellte Personen, unter ihnen sogar ein Gouverneur, aber sie mussten getrennt vom Pascha essen. Ansonsten durfte jeder der Angestellten sogar der kleinste Küchenjunge mit seinem Herrn an einem Tisch sitzen!”
Wichtig für Pedro ist auch anzumerken: “Auch bei der Sitzordnung gab es keine Hierarchie. Auch wer niemanden kannte, zog seine Schuhe aus, hockte sich hin, nahm einen Löffel und begann zu essen. Nach dem Essen bedankte er sich bei Gott und schloss mit den Worten ‘Hebt die Tafel auf’ !”
Die vielen Ausrufzeichen in vorhergehenden Absätzen stammen nicht vom Verfasser des Buches, sondern vom Autoren dieses Berichts. Denn diese Art von Tischkultur ist selbst für einen Türken, der im 21. Jahrhundert lebt nur schwer verständlich. Unser Erzähler fährt fort: ”Der Verwalter und der Meisterkoch waren für die Tafel des Paschas verantwortlich, aßen jedoch nicht mit ihrem Herrn an einem Tisch. Hingegen gab es 20 türkische Dienstboten, die keine Sklaven waren. Sie waren die Ruderer des Bootes, welches benutzt wurde, wenn der Pascha einen Bootsausflug machen wollte. Diese 20 Ruderer durften mit ihm zusammen an einem Tisch essen.”
Kehren wir nun zu den übrigen Tischgesellschaften zurück. Wenn die Schüsseln der Reihe nach von der Pascha-Tafel abgetragen worden waren, wanderten diese nicht in die Küche, sondern an die Tafel der Palast-Angestellten. Hier aßen die Eunuchen und das Zimmerpersonal. Diese ungefähr 50 Personen starke Gruppe in der sich auch unser spanische Gefangene befand, stillte ihren Hunger und gab die Schüsseln danach an die Tafel weiter, an der das übrige Personal saß. Diese standen schließlich auf und überließen ihre Plätze den Handwerkern des Palastes, dem Schneider, Schuhmacher, Waffenschmied, Goldschmied usw. Pedro merkt an:
”Da das Essen durch viele Hände ging, blieb schließlich nichts Gutes vor allem Fleisch mehr übrig, obwohl auch die Schüsseln vom Tisch des Verwalters und Meisterkochs noch an das restliche Personal weitergereicht wurden.
Wenn nichts „Gutes“ mehr übrigbliebe bedeutete das dass die letzten nicht mehr satt wurden? Wir finden im Text darauf folgende Antwort: ”Eines muss ich euch jedoch sagen! Es wurde immer soviel gekocht, dass sogar die letzten die Schüsseln nicht leeren konnten und für Hunde, Katzen und Vögel immer noch ein Rest übrig blieb. Denn wenn es nicht so gewesen wäre, hätte man das als Schande betrachtet eine Sünde, die Unglück nach sich zog.”
Auch nach der Größe und Beschaffenheit der Küchen- und Kochgeräte wird Pedro gefragt und gibt folgende Auskunft: ”Töpfe und Kessel in denen gekocht wurde waren der Anzahl der Palastbewohner entsprechend riesengroß. Sie hatten keine Henkel und die Öffnung verjüngte sich nach oben hin etwas. Die Töpfe waren auf der Drehbank angefertigt und bestanden aus Kupfer. Ferner gab es noch eine Art Pfannen, aber ohne Griff die ebenfalls aus dickem Kupferblech bestanden, deren Ränder hoch waren.”

Nun kommen wir zum Speiseplan. Der Verfasser gibt hier eine Menge Beispiele an, von denen ein Teil der damals üblichen Küche und ein Teil der türkischen traditionellen Küche entsprach. Ein Teil der Rezepte ist der objektiven Sicht des Autors und seiner spärlichen Erfahrung in einer geschlossenen Gruppe zuzuschreiben. Denn wenn er behauptet, dass die Türken nicht gerne Tierköpfe oder Innereien gegessen hätten, so ist das ziemlich unglaubwürdig, wenn wir uns die Wirtschaftsbücher Fatih des Eroberers ansehen und können diese Behauptung nur auf eine besondere Abneigung am Hofe Sinan Paschas zurückführen. Außerdem waren die Türken schon seit ihrer Zeit in Mittelasien immer Tierzüchter gewesen und es liegt nahe, dass sie alle Bestandteile der Tiere verwertet haben. Sogar in der modernen türkischen Küche ist das heute noch der Fall.
Aber lassen wir unseren spanischen Augenzugen berichten: “Jeden Tag wurde unbedingt ein Pilaw gekocht. Der Reis dazu wurde in einer Brühe aus Rind- oder Lammfleich gekocht, wobei darauf zu achten war, dass das Gericht nicht flüssig, sondern körnig und locker wurde. Manchmal wurde der Pilaw auch mit kleinen kernlosen Korinthen angereichert. Neben dem Pilaw reichte man nicht wie bei uns Nelkenpüree oder Honig, sondern Stücke vom Lammfleisch, die in einer Soße gekocht worden waren. Kompott von frischen oder trockenen Pflaumen, der mit Mandeln verfeinert wird, passt auch sehr gut dazu. Dann stellen sie noch eine Süßspeise aus Reis her die sie „Zerde“ nennen. Dieser gelbe dickflüssige Nachtisch benötigt sehr viel Honig bei der Herstellung. Hühnersuppe ist das dritte Gericht das sie aus Reis machen. Das Huhn wir zerteilt und die Stücke mit Pfeffer, Paprika und Reis gekocht. Eines solltet ihr wissen, dass die Türken nie etwas kochen ohne Butter hinzuzufügen. Bei Gebratenem, Ragout, Geröstetem, bei Linsen oder Kichererbsen, immer wird es mit Butter angerichtet. Sie schmieren sogar Butter auf ihr Brot.”
Nach Ansicht des Spaniers waren die köstlichsten Gerichte an der Tafel Sinan Paschas ein Lammragout mit Zwiebeln, Kichererbsen und Dill. Auch der häufig gegessene Spinat schmeckte gut. Ferner gehörten noch folgende Gerichte zu den bevorzugten Speisen: gekochte Weizengrütze oder Fadennudeln mit Fleisch, ein mit Zitronensaft verfeinertes Spinatgericht, würzig und scharf gefüllte Weinblätter, gefüllte Auberginen und Zucchinis und mit Hackfleisch, gefüllte Pasteten aus hauchdünnem Blätterteig.
“Zum Essen muss man eine Soße oder Tomaten- oder Paprikamark extra anfordern, denn während des Kochens benutzen sie es nicht,” sagt Pedro.
Auf die Vielfalt der Früchte werden wir auf den folgenden Seiten noch näher eingehen. Gesagt sei lediglich, dass sich Istanbul nicht nur auf den Konsum von Früchten aus der Region bschränkte, sondern dass aus dem ganzen Reich Obst in die Hauptstadt gebracht wurde. Das gilt vor allen Dingen auch für das Trockenobst und die Nüsse. Aus zuverlässigen Quellen erfahren wir, dass getrocknete Feigen, Rosinen, Mandeln, Walnüsse, Haselnüsse und Kastanien reichlich vorhanden waren. Vor allem bei den Rosinen gab es einen Überfluss und eine Vielfalt, die in anderen Ländern ihresgleichen sucht. Was andere Obstsorten angeht so registriert unser Augenzuge diese Sorten: ”Kirschen gibt es in großer Auswahl, Sauerkirschen sind jedoch weniger populär; sie werden nicht gern gegessen. Sie werden meistens getrocknet um später gekocht und zu Obstsaft verarbeitet zu werden. Der schmeckt nicht schlecht. Sauerkirschen gibt es auch in Italien nicht sehr häufig, die meisten gibt es in Bologna unter dem Namen ‚Maraska‘.
Wenn ihr von Kastilien aus aufbrecht werdet ihr bis nach Jerusalem nirgendwo die bei uns so beliebten gestreiften Äpfel und die sich so leicht vom Stein lösenden Pflaumen antreffen. Erst in Istanbul werdet ihr auf eine ähnliche Apfelsorte stoßen, die sie hier “Duftäpfel” nennen. Diese kleine Apfelsorte schmeckt genauso gut wie unsere spanischen Äpfel. Birnen, Äpfel und Honigmelonen gibt es reichlich und sie sind viel billiger als bei uns.
Als Sinan Pascha anstelle des mächtigen Herrschers Istanbul regierte, wurde viel Obst in seine Residenz als Geschenk geliefert. Einmal wurden ihm als Geschenk von einer 20tägigen Reise 8 Honigmelonen als Geschenk gebracht. Den Geschmack kann ich Euch gar nicht beschreiben! Sogar die Melonen die schon begannen weich zu werden schmeckten noch besser als die beste Melone die ich bisher gegessen hatte. Die Kerne erinnerten an geschälte Mandelkerne. Es hatte mein Interesse geweckt, wie und wo diese Melonen angebaut wurden und ich fragte danach. Sie sagten mir, dass sie im Irak am Rande eines Wassers angebaut würden. An den Namen des Ortes kann ich mich nicht mehr erinnern. Sie vergraben zwei bis drei Kerne im Sand die keimen wenn das Wasser steigt und überlassen dann alles der Natur.”

Worüber uns der Verfasser bis hierher berichtet hat, waren natürlich normale Tagesgerichte. An einer anderen Stelle gibt er an, dass es natürlich manchmal auch „Kebap“, also gegrilltes Fleisch oder einen Braten gegeben habe, wobei aber die anderen Speisen eher die Regel waren.
Eine große Ausnahme bildeten natürlich die großen Feste die ab und zu stattfanden. Z.B. gab es bei einem Fest, was Sinan Pascha zu Ehren des Flottenkommandanten Dorgut gab “Geflügel aller Art, Teiggerichte in allen möglichen Formen, Ziegen- und Lammfleisch und was noch alles.”
An einer anderen Stelle des Buches vermerkt unser spanische Zeitgenosse, dass Jagd- und Wildfleisch so gut wie gar nicht auf den Tisch kam. Natürlich ist dem Verfasser nicht bekannt, dass viele Türken die Abneigung des Propheten Mohammeds gegen die Jagd aus religiösen Gründen teilten und deshalb auch auf Jagdfleisch verzichteten. Ferner registrierte Pedro, dass in der Nähe Istanbuls außer dem Großen Senor niemand anders jagen durfte. Das mag noch eine zusätzliche Erklärung sein. Denn wenn nur der Sultan jagen durfte, war es ja ein Ding der Unmöglichkeit, dass Jagdfleisch jemals auf die Speisetafeln der anderen Türken gelangte. Einmal jedoch hatte der spanische Gefangene Sinan Pascha gebeten doch eine Erlaubnis zur Rebhuhnjagd zu erteilen, woraufhin dieser eine entsprechende Order an die zuständigen Gouverneure leitete. Kurz darauf gab es im Palast eine regelrechte Rebuhnschwemme. Trotz alledem waren die Türken nicht weiter an der Verwendung von exotischen Tieren in der Küche interessiert und der Verfasser deutet an, dass sie es lieber mit den domestizierten Tieren hielten, deren Beschaffung ja auch viel leichter war.
Auch vom Kaviar berichtet Pedro und dass es eine Art Püree sei, der aus dem Hirn und Fett von im Schwarzen Meer gefangenen Fischen zubereitet würde. Hier liegt natürlich ein Missverständnis vor. Es ist zwar richtig, dass der Kaviar vom Stör aus dem Schwarzen Meer stammt, allerdings nicht aus seinem Hirn oder seinem Fett. Der Kaviar bestand früher und auch heute noch aus den Eiern des Stör und nur diese Fischeier dürfen überhaupt den Namen „Kaviar“ tragen. Wahrscheinlich hat der Verfasser den Kaviar mit einer türkischen Fischspezialität, dem „Tarama“ verwechselt, oder er hat unter dem Namen Kaviar eine zweite Qualität von zerquetschten Fischeiern kennengelernt. Diese Möglichkeit wird von folgenden Zeilen unterstützt: ”Kaviar wird am liebsten von Rumeliern gegessen. Er schmeckt gut zu alkoholischen Getränken, sowie Sardellen oder Schwarzmeerheringen. Man schmiert den Kaviar zwischen zwei Brotscheiben. In den Küstenregionen ist er eine beliebte Spezialität. Man braucht ihn nicht zu kochen, er kann kalt gegessen werden. Da er nichts mit Fleisch zu tun hat, kann er auch an Fastentagen gegessen werden.”

Nun vergleicht der Autor Kaviar mit Schmierseife, was einer Verwechslung mit “Tarama” nahelegt. Im folgenden Verlauf des Kapitels erklärt Pedro: ”Gebt einen Asper (kleinste Sibermünze) und ihr bekommt soviel Kaviar, dass die ganze Familie satt wird.” Wenn das für echten Kaviar hätte gelten sollen, kann man nur sagen, dass die Menschen es damals sehr gut hatten!
Im selben Kapitel erfahren wir auch noch etwas Interessantes über das Essen von Fischen und Meeresfrüchten. Auf die Frage eines Freundes ”Wenn es so viele köstliche Fische gibt und die islamischen Gesetze den Verzehr nicht verbieten, warum essen die Türken dann soviel Fleisch und so wenig Fisch?” antwortet Perdro: ”Sie stehen den Fischen feindlich gegenüber, genauso wie sie anstatt Wein immer nur Wasser trinken. Sie sagen, dass die Fische nach dem Verzehr im Körper wieder lebendig werden würden und glauben auch daran.”
Pedro kann auch nicht umhin sich über die Vorliebe der Türken für Joghurt auszulassen. Er verzeichnet, dass sie frische Milch nicht besonders gerne mögen allerdings vom sauren Joghurt nicht genug bekommen könnten. Pedro meint: ”Obwohl wir sauren Joghurt nicht besonders mögen, ist er für die Türken eine Köstlichkeit. Den Rahm, den wir so gerne mögen bezeichnen sie als ‚Kaymak‘. Er ist jedoch längst nicht so beliebt wie der Joghurt.” Auf die Frage nach der Herstellung des Joghurt beschreibt er: ”Die Milch wird mit einem Treibmittel angedickt. Als Treibmittel wird wiederum Joghurt verwendet.” An einer anderen Stelle berichtet Pedro sogar über abgetropften Joghurt in einem Leinensack: ”Manchmal füllen sie den Joghurt in einen Leinensack und lassen das Wasser abtropfen. Dann nehmen sie jedesmal soviel sie brauchen von der festen Masse, rühren diese mit etwas Wasser an und essen oder trinken davon”. Hiermit hat der Verfasser auch gleichzeitig eine Beschreibung des türkischen Nationalgetränkes „Ayran“ gegeben.
Unser spanischer Beobachter erklärt weiterhin, dass man beim Essen kein Wasser trinkt. Was er hinterher schreibt ist etwas respektlos, aber wir wollen es hier trotzdem wiedergeben: ”Aber wenn sie vom Essen aufstehen, gehen sie sofort zu einer Quelle oder einem Brunnen wo sie wie die Ochsen Wasser saufen.”

Als Erklärung für das Fehlen von Wasser auf der Speisetafel dient dem Verfasser die Feststellung, dass die meisten türkischen Speisen saftig oder flüssig sind. Auch aus diesem Grund ist der Löffel das am meisten benutzte Tischgerät. “Weil das Essen meistens saftig ist, werden die Türken nicht so durstig wie unsere Senoren.”
Auch auf die verschiedenen Obstsäfte geht Pedro ein: ”In der Residenz des Sinan Pascha gab es immer verschiedene Obstsäfte zur Auswahl, die man „Serbet“ nannte. Kirschen, Aprikosen oder Pflaumen wurden gekocht und mit Zucker oder Honig angereichert. Da diese Säfte nicht sehr haltbar waren, kochte man jeden Tag einen frischen Obstsaft. Ohne den Besuchern ein Glas davon angeboten zu haben, entließ man sie nicht.” Der Verfasser berichtet auch, dass in den Kaffeehäusern und Schenken türkische Fruchtsaftverkäufer auftauchten, die für wenig Geld ihren Saft anboten.
Auch der Wein war im osmanischen Reich bekannt. Allerdings weist der Verfasser an keiner Stelle darauf hin, das die islamischenTürken Weintrinker waren. Außer den Janitscharen hin und wieder griff niemand zum Weinglas. Dass das aber weiterhin nicht tragisch war, schreibt er an einer anderen Stelle, denn “Was macht es schon, wenn die Türken keinen Wein trinken, wo die Christen und Juden das doch wieder ausgleichen.” Er geht auch auf das Thema der Weinschenken ein: “Es gab sehr gute und sehr billige Schenken. Einmal eingekehrt wird man sofort auf die Probe gestellt, indem man gefragt wird, ‘Weißen oder Roten?’ Sagst du ‘weiß’, so wird sofort gefragt ‘Kandiye oder Gelibolu?’ Egal, welchen du auch wählst, es gibt kein Ausweichen vor der dritten Frage, ‘Wieviel Jahre alt soll er sein?’ “
Auf diesen Bericht reagiert einer der Zuhörer mit dem Ausruf: “So viel Auswahl gibt es bei uns noch nicht einmal in den Palästen!”
Nun geht Pedro ins Detail und schwärmt von einem Wein: ”Bei den Muskateller Weinen ist der beste der ‘Malvaziya’, und ein Liter kostet nur 4 Asperos (spanische Währung), wenn es ein vierjähriger Wein ist. Ist es ein ein– oder zweijähriger, bekommt man den Liter für 3 Asperos und er ist auch nicht schlechter als der ‘San Martin’.

Unter den rumelischen Rotweinen ist der ‘Topiko’ der beste. Topiko heißt Regional. Er ist trocken, stark und von heller Farbe. Ein Liter kostet 2 Asperos. Danach kommen die schweren Weine von der Insel Lesbos und Chios. Ein Liter für je 1.5 Asperos. Aus der Trabzon-, Marmara- und Egribozregion kommen ebenfalls viele Weine. Da ein Liter nur 7 Maravedi (spanische Währung) kostet, sind diese Weine bei den Kriegsgefangenen sehr beliebt.”
Dass trotz dieses reichen Angebotes, die Türken nicht zu Weintrinkern geworden sind, versetzte die Zuhörer in Erstaunen, aber Pedro lieferte sogleich die Erklärung in Form einer Legende über den Propheten Mohammed:” Was ich Euch jetzt erzähle habe ich von vielen türkischen Wissenschaftlern und Weisen gehört. Als Mohammed eines Tages an einem Garten vorbeiging, sah er dort eine Gruppe Jugendlicher herumspringen und spielen. Er hatte Freude an dem Spiel der Jugendlichen und ging seines Weges zur Moschee. Als er abends auf dem Rückweg von der Moschee wieder an demselben Garten vorbeikam, sah er, dass die Jugendlichen sich inzwischen betrunken hatten und sich aus dem harmlosen Spielen und Herumspringen eine handfeste Schlägerei entwickelt hatte. Nach diesem Vorkommnis verbat Mohammed den Jugendlichen den Genuss von Wein, der sie von Menschen in Tiere verwandelt hatte.” Weiterhin berichtet der Verfasser, dass trotz Weinverbotes der Weintraubensaft die ersten drei Tage nach Gewinnung getrunken werden dürfe, da er bis dahin noch nicht fermentiert sei. Ab dem vierten Tag jedoch sei der Genuss auch des Traubensaftes verboten.
Der spanische Gefangene, der sich selbst als Pedro vorstellte und der lange Zeit als Arzt des Marineministers und Prinzentumverwalters des damaligen Herrschers Süleyman dem Prächtigen, Sinan Pascha, tätig war, fällt an einer Stelle ein interessantes Urteil über die Türken. Der Verfasser schildert hier die Tischsitten der Türken zu ihrer prunkvollsten und reichsten Zeit, zu der auch Pedro Zeuge derselben war mit dem Staunen eines an europäische Tischkultur gewöhnten Ausländers folgendermaßen: ”Die Türken machen sich nicht viel aus Essen. Meiner Meinung nach essen sie nur, um am Leben zu bleiben und nicht weil sie Genuss am Speisen haben. Sobald sie einen Löffel in der Hand haben, essen sie so hastig, als wäre der Teufel hinter ihnen her. Das gute an ihnen ist dass sie bei Tisch nicht reden und sich auf keine Art und Weise unterhalten. Derjenige der satt geworden ist erhebt sich mit den Worten ‘Ich danke Gott’ und überlässt seinen Platz sofort dem nächsten.”

Die komplette Form dieses Dankgebetes, was in seiner verkürzten Form ‘Allah’a çok sükür’ lautet, war, wie wir aus den Notizen des Spaniers Pedro entnehmen können:

“Elhamdüllah, çok sükür ya Rabbi, Allahu Teala Padisahimiz’in bir gününün bin eylesin“, was auf Deutsch ungefähr diesem Wortlaut entspricht:

„Danken wir Gott, dem Allmächtigen und möge ein einziger Tag unseres gepriesenen Herrschers soviel wert sein wie tausend Tage“.

Quelle: Kulturministerium Türkei